Verantwortlich: Tanja Fahrni
Bereitgestellt: 27.12.2024
Wo die Liebe ist, da ist auch Gott
Nun ist sie wieder da, die Zeit des Wartens, Erwartens. Im christlichen Verständnis ist der Advent die Zeit des Wartens auf die Ankunft Christi. Möglicherweise klingt das ein wenig verstaubt und fremd. Was bedeutet denn die Ankunft Christi und was für eine Hoffnung können wir damit verbinden?
Ich wurde kürzlich wieder einmal an eine Geschichte erinnert, die Sie vielleicht auch schon gehört oder gelesen haben: Die Geschichte von Vater Martin.
Vater Martin, ein armer Schuhmacher, träumt, dass Gott selbst zu ihm kommt. Als er am nächsten Tag – es ist mitten im Winter – auf diesen hohen Gast wartet, bekommt der Schuhmacher von verschiedensten Menschen Besuch, die alle seiner Hilfe bedürfen, und die Vater Martin einlädt, an seiner Wärme, seinen Mahlzeiten und seiner praktischen Hilfe wie warmen Kleidern teilzuhaben.
Abends ist Vater Martin enttäuscht, weil Gott vermeintlich gar nicht zu Besuch gekommen ist. Doch plötzlich realisiert er, dass es Gott selbst war, der in Gestalt der unterschiedlichen bedürftigen Menschen heute bei ihm zu Gast war.
Vielleicht ergeht es uns ja manchmal auch wie Vater Martin. Wir erwarten etwas Grossartiges, vielleicht ganz besonders in der Advents- und Weihnachtszeit. Und ja, angesichts der momentanen Weltlage hoffen Viele auf ein Wunder oder zumindest auf mehr Frieden – und nicht nur in der Welt, sondern auch in unseren Beziehungen zueinander.
"Wo die Liebe ist, da ist auch Gott", so nannte der Autor Leo Tolstoi die Geschichte von Schuhmacher Martin. Das scheint mir ein passender Titel.
Die Geschichte von Schuhmacher Martin ist eine Erinnerung daran, dass die Vorweihnachtszeit und der Advent nicht nur aus Geschenken und festlichen Vorbereitungen besteht, sondern vor allem auch aus der Liebe und dem Zusammenhalt, die wir füreinander zeigen.
Ich glaube nicht, dass wir aufhören sollen, auf Wunder zu hoffen, und ganz besonders auf Frieden in der Welt. Aber ich glaube, wir können auch selbst Teil eines Wunders werden in unserem Umgang mit uns selbst und mit den Menschen um uns herum. Wir können kleine Zeichen der Zuwendung und Aufmerksamkeit geben. Ein lieb gemeintes Kompliment, ein Zustupf an jemanden, der um ein Fränkli bittet, ein Besuch eines Menschen, der im Spital oder im Heim nicht mehr viel am Sozialleben teilhaben kann oder ein versöhnliches Wort nach einem Streit
In all diesen Begegnungen dürfen wir etwas von dieser Hoffnung auf Neubeginn und Frieden teilen und auch empfangen. So kann der Advent nicht nur eine Zeit des Wartens werden, sondern eine Zeit des Gebens, des Teilens und des Miteinanders. Denn: "Wo die Liebe ist, da ist auch Gott".
Für die kommende Zeit möchte ich Ihnen einen Segen mitgeben:
Der Herr segne uns
Und schenke uns einen langen Atem in dieser Zeit
Wo alle rennen und drängen
Er lasse uns Ruhe finden
Die wir brauchen um uns auf das Kommen unseres Herren vorzubereiten
Er lasse es in uns heller werden,
damit wir Licht in all jenen entfachen
in denen die Dunkelheit herrscht
Er schenke uns das Vertrauen,
dass er wirklich zu uns kommt,
und wir ihn sehen in all jenen, die uns
täglich begegnen.
Er schenke uns die Kraft ihn zu sehen wie er ist:
Als Gott, der uns liebt und an uns denkt seit dem Tag an dem wir geboren sind!
Ich wünsche Ihnen eine erfüllte Adventszeit.
Salome Graber, Pfarrerin